Clockwork

Nachdem ich im ersten Teil die Hardware des ThinkPad X100e näher betrachtet habe, geht es jetzt ins Eingemachte. In diesem Teil beschreibe ich, wie Fedora 13 auf dem X100e installiert wird. Leider ist es nicht ganz so leicht wie erwartet.

Vorab sollten als erstes mit dem vorinstallierten Lenovo-Tool die Recovery-Medien für Windows 7 angefertigt werden. Damit lässt sich das System später bei Bedarf wieder in den Auslieferungszustand zurückversetzen.

Beim Erstellen der Medien ist ein wenig Vorsicht geboten. Erstmalig bietet Lenovo nämlich auch an, einen USB-Stick als Ziel für die Recovery-Disk zu wählen. In der Praxis kann das jedoch zu Problemen führen, da manche USB-Sticks auch mit aktiviertem Boot-Flag das Booten verweigern. Die Windows-Lizenz gestattet jedoch nur einen Versuch, so dass ein zweiter Versuch mit einem anderen USB-Stick oder mit der guten alten DVD nicht mehr möglich ist. Es empfiehlt sich also, besser gleich die DVDs zu brennen.

Wer (wie ich) Windows komplett von der Platte putzt, sollte sowieso die Anschaffung eines externen Brenners erwägen. Lenovo bietet die BIOS-Updates nämlich auch als iso-Image an – und BIOS-Updates sind beim X100e weder selten noch unnütz.

Die Installation

Da das X100e kein eigenes Laufwerk hat, muss die Installation entweder über ein externes DVD-Laufwerk oder über einen bootfähigen USB-Speicherstick erfolgen.

Für die Installation wählte ich die gewöhnliche 64bit-Version von Fedora 13. Der grafische Installer von Fedora startet korrekt. Die Ethernet-Schnittstelle wird erkannt und erlaubt es, schon während der Installation Updates aus dem Netz nachzuladen. Die WLAN-Hardware wird allerdings nicht erkannt.

Die Partitionierung nahm ich selbst vor, wobei ich Windows 7 komplett von der Platte tilgte und alle Partitionen (bis auf die boot-Partition natürlich) verschlüsselte.

Die Installation selbst läuft erfreulich reibungslos ab. Die Geschwindigkeit des Installationsprozesses lässt bereits erahnen, dass das System für alltägliche Arbeiten am Rechner ausreichende Leistungsreserven hat, selbst wenn der Single-Core-Prozessor sich nebenbei noch um die Festplattenverschlüsselung kümmern muss. So weit, so gut.

Der erste Start

Die erste Euphorie legt sich beim Start des frisch installierten Systems. Das Display zeigt nur die Kontur der Fedora-Blase, danach passiert gar nichts mehr. Der Fehler ist bekannt: Der radeon-Treiber hat Probleme im Zusammenhang mit der Helligkeitsregelung des Displays.

Abhilfe:

  • Neu starten und das GRUB-Startmenü holen.
  • Dort ‘e’ drücken, um die Bootparameter zu editieren.
  • Die “Kernel”-Zeile auswählen und erneut ‘e’ drücken, um sie zu bearbeiten.
  • radeon.modeset=0 an die Zeile anhängen.
  • Return drücken und den Bootvorgang mit ‘b’ starten.

Damit startet das System zwar, aber halt ohne Plymouth, da KMS erst einmal deaktiviert ist. Später muss radeon.modeset=0 auch in der /etc/grub.conf an die Kernel-Zeile angehängt werden, damit beim nächsten Mal das System von selbst startet.

Was schon funktioniert

Ein erster Test zeigt, dass fast die komplette Hardware bereits funktioniert. Grundlegende Geräte wie Tastatur, Touchpad, Trackpoint, Display, Audio (mit Einschränkungen, siehe unten), LAN und sogar der Kartenleser stehen sofort zur Verfügung. Die eingebaute Webcam arbeitet ebenfalls und kann zum Beispiel mit Cheese genutzt werden. Auch der Nahfunk Bluetooth funktioniert, es kann über das Bluetooth-Symbol im Gnome-Benachrichtigungsfeld aktiviert werden.

Einige Modelle bieten UMTS-Unterstützung an. Mein Modell nicht, deshalb kann ich nichts dazu sagen. Ich habe bei meinen Recherchen allerdings gelesen, dass nach einem BIOS-Update die UMTS-Karte möglicherweise nicht mehr sichtbar sei.

Schauen wir uns jetzt mal an, was noch nicht funktioniert...

WLAN

Der für WLAN verwendete Chip RTL 8192-SE von Realtek wird derzeit vom Kernel nicht unterstützt. Um WLAN zu benutzen, kommt man nicht umhin, den Kernel-Treiber selbst zu kompilieren. Als Voraussetzung müssen die Entwicklungswerkzeuge installiert sein. Mit yum groupinstall Entwicklungswerkzeuge geschieht dies im Handumdrehen.

Der Quelltext für den RTL8192SE-Treiber kann direkt von Realtek heruntergeladen werden. Er wird wie folgt vom Root-User kompiliert und installiert:

cd /usr/local/src

tar -xzf rtl8192se_linux_2.6.*.tar.gz
cd rtl8192se*
make
make install
modprobe r8192se_pci

Damit steht dann auch das WLAN zur Verfügung. Nach jedem Kernelupdate muss das Modul allerdings erneut kompiliert und installiert werden.

Suspend/Resume

Das X100e kann nach der Installation bereits schlafen gelegt werden, zum Beispiel durch Schließen des Deckels. Nur mit dem Aufwachen hakt es noch, das Display bleibt einfach dunkel.

Hier fehlt ein entsprechender Video-Quirk, der an das Ende der Datei /usr/share/hal/fdi/information/10freedesktop/20-video-quirk-pm-lenovo.fdi unmittelbar vor das letzte </match> eingefügt wird:

<match key="system.hardware.product" string="35082DG"> <!-- Thinkpad X100e -->
  <merge key="power_management.quirk.vga_mode3" type="bool">true</merge>
  <merge key="power_management.quirk.reset_brightness" type="bool">true</merge>
  <merge key="power_management.quirk.radeon_off" type="bool">true</merge>
  <merge key="power_management.quirk.dpms_on" type="bool">true</merge>
  <merge key="power_management.quirk.s3_bios" type="bool">true</merge>
</match>

Das “35082DG” entspricht der Modellnummer des X100e, die zum Beispiel auf dem Karton steht.

Ein Problem bleibt trotz des Quirks noch. Nach dem Aufwachen ist die Displayhelligkeit sehr gering und muss von Hand wieder auf den gewünschten Wert eingestellt werden.

Audio

Die Audioschnittstelle funktioniert grundsätzlich. Beim Einstöpseln eines Kopfhörers werden die eingebauten Lautsprecher aber nicht abgeschaltet, und das interne Mikrofon funktioniert auch nicht. Beide Fehler werden voraussichtlich mit dem kommenden Kernel 2.6.34 behoben sein.

Grafik

Bei einem frisch aufgesetzten System funktioniert die Helligkeitsregelung des Displays nicht richtig. Verstellt man die Helligkeit im Betrieb, lässt sich die hellste Stufe anschließend nicht mehr einstellen. Der Fehler ist mit dem Kernel 2.6.33.5-112 glücklicherweise behoben.

Das Aktivieren von Desktopeffekten soll bei KDE zum Absturz führen. Zumindest unter Gnome kann ich das Problem nicht bestätigen, hier arbeitet Compiz Fusion einwandfrei.

Der proprietäre Treiber ist derzeit keine Alternative, da er mit dem X-Server 1.8, der in Fedora 13 Verwendung findet, noch nicht zusammenarbeitet. So ist man auf den vorinstallierten Open Source-Treiber vorläufig angewiesen, der aber bereits eine ordentliche Leistung hinlegt.

Fazit

Wie man sieht, sind die Probleme, auf die man beim ThinkPad X100e stößt, durchaus beherrschbar. Die entsprechenden Änderungen dürften in absehbarer Zeit in den Kernel oder entsprechenden Paketen einfließen.

Im dritten und letzten Teil werde ich noch ein wenig Feinschliff am System anlegen. Zum Beispiel wird mittels Untervolting der Stromhunger des Prozessors ein wenig gezügelt.